Frauen tun sich oft schwer damit, ihr Gehalt zu verhandeln. Egal, ob es um das Einstiegsgehalt im ersten Job, um eine Gehaltserhöhung im bestehenden Arbeitsverhältnis oder das Verhandeln des Honorars oder Tagessatzes als Selbstständige geht: Oft fehlen Mut und Selbstvertrauen bei der Verhandlung. In unserer Serie gibt Gehaltscoach Susan J. Moldenhauer Tipps, wie man sich auf eine Gehaltsverhandlung optimal vorbereitet.

Gastbeitrag von Susan J. Moldenhauer

Gehaltsverhandlungen mögen die wenigsten Frauen, sie fürchten den „Gehaltspoker“ regelrecht. Als Folge geben sie sich mit einem deutlich niedrigeren Einstiegsgehalt als Männer zufrieden und fordern im Job seltener Gehaltsgespräche ein. Sie nehmen jedoch bereitwillig immer mehr Aufgaben an und werden als „Dank“ noch nicht einmal befördert. Und das wirkt sich massiv auf unsere Erwerbsbiografie aus: je höher die Position im Job, desto geringer der Frauenanteil, und gleichzeitig wächst das Gehaltsdelta. Dass die Altersarmut zum größten Teil Frauen betrifft, ist die logische Konsequenz.

Mit dem Gender Pay Gap (GPG) ermittelt das Statistische Bundesamt jährlich die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdiensts von Männern und Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Dabei werden zwei Indikatoren unterschieden, nämlich der unbereinigte und der bereinigte GPG. Der unbereinigte GPG vergleicht den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allgemein miteinander. Das bedeutet, dass auch die Tatsache mit einfließt, dass Frauen schlechtere Zugangschancen zu bestimmten Berufen oder Karrierestufen haben und häufiger in Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt sind. Hier halten wir in Deutschland europaweit mit 21 Prozent einen bescheidenen Rekord.

Der bereinigte GPG gibt den Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wieder, also den Verdienstunterschied im gleichen Job. Hier sprechen wir dann von rund sechs bis acht Prozent Lohnunterschied zwischen Mann und Frau. So weit die Statistik.

Argumente allein reichen bei der Gehaltsverhandlung nicht

Aus meiner Praxis als Gehaltscoach sind mir ganz andere Fälle und Zahlen bekannt, die die sechs Prozent Gehaltsunterschied noch als Träumchen aussehen lassen. Nicht selten erfahre ich von einer weit größeren Kluft, wohlgemerkt in gleichen Positionen, bei gleicher oder besserer Arbeitsleistung und Qualifikation von Frauen.

Ich bin für die Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen und möchte jede von uns dazu ermutigen, für sich, für ihre Arbeitsleistung und letztlich für ihren (Mehr)Wert einzustehen! Aber wie geht es uns eigentlich damit, wenn wir daran denken, unser Gehalt, unseren Preis zu verhandeln? Wie ermitteln wir unseren Marktwert und wie reagieren wir auf Gegenargumente in der Verhandlungssituation?

Eine Frage erreicht mich immer als Erste: „Wie kann ich in der Gehaltsverhandlung selbstsicherer werden?“ Dies zeigt, dass wir die Vorbereitung auf die Preis- oder Gehaltsverhandlung ganzheitlich angehen sollten. Es reicht leider nicht, „Top-Argumente“ aus Ratgebern zu googeln und diese auswendig zu lernen. Beim ersten „Nein“, spätestens aber beim zweiten, starken Gegenargument seitens des Verhandlungspartners sind viele raus aus dem Rennen.

Ziele setzen vor der Gehaltsverhandlung

Es ist darum wichtig, sich vor der Gehaltsverhandlung intensiv damit auseinanderzusetzen, was man will, was man wirklich kann (Ausbildung, Studium, Qualifikation, Hard- und Softskillset, Erfahrungen) und wie der Plan B aussieht, falls die Verhandlung nicht zum Erfolg führen sollte. Das ist das notwendige Fundament für eine gute Verhandlungsbasis. Dazu gehört auch, sich bewusst zu machen, welchen Mehrwert man in das Unternehmen eingebracht hat und künftig einbringt. Auch sollten wir für uns klären, wo wir hinwollen: Soll es eine Fach- oder Führungskarriere sein, wo liegen die Kernkompetenzen und sind wir bereit, die berühmte „Extrameile“ zu gehen?

Darüber hinaus sollten wir vor der Gehaltsverhandlung hinterfragen, wie wir zum Thema „Gehalt“, und dahinter, zu „Geld“ stehen. Oft tun sich Frauen schwer damit, eine größere Zahl, zum Beispiel das Jahresgehalt, auszusprechen und ihr Maximalziel zu nennen. Nicht selten erlebe ich hier Unsicherheiten. Das reicht von einer sich plötzlich verändernden Stimmfarbe oder Mimik bis hin zu komplettem Schweigen und einer Körpersprache, die mir verrät: „Ich will hier weg!“.

Das zeigt, dass die „Beziehung zu Geld“ in solchen Fällen negativ ist. Wir können in uns hineinhören und uns an unsere ersten Erfahrungen mit Geld erinnern. Dazu haben wir vielleicht Sätze wie „Geld ist nicht so wichtig“, „Es geht nicht nur ums Geld!“ oder „…sei fleißig, sei artig und sei nicht zu fordernd!“ im Kopf. Diese Sätze haben sich mit der Zeit zu festen Glaubenssätzen manifestiert und werden uns unser gesamtes (Berufs-)Leben begleiten, sofern wir diese nicht auflösen.

Money-Mindset ist wichtig für die Gehaltsverhandlung

Wenn wir eine schlechte Ersterfahrung, und dadurch bedingt, einen negativen Glaubenssatz zu Geld im Kopf haben, wie wollen wir dann überzeugend in der Gehaltsverhandlung nach mehr Geld fragen? Unser „Money-Mindset“ ist ein wichtiger Faktor, wenn nicht sogar der entscheidende Faktor in der Gehaltsverhandlung. Nicht zuletzt wird vom Chef in der Gehaltsverhandlung häufig auf unsere soziale Ader angespielt, dass etwa „Geld doch nicht alles sei“. Und was tun wir Frauen in den allermeisten Fällen?

Genau, wir steigen darauf ein! Wir wollen, dass unser Chef uns mag. Das heißt, wir verwechseln in der Gehaltsverhandlung die Rollen und gehen schnell in die Beziehungsebene, statt auf der Sachebene zu bleiben. Deshalb sollten wir uns ein Bild zu unserem „Money-Mindset“, also unserer Haltung zu Geld, machen. Es ist wichtig, Glaubenssätze zu hinterfragen und diese aufzulösen.

In der Serie „Gehaltsverhandlungen“ möchte ich euch Schritt für Schritt die Themen näher bringen, die ich auch in meinen Coachings behandle. Ihr dürft gespannt sein.

  • Den zweiten Teil der Gehaltsserie mit Susan J. Moldenhauer findet ihr hier.
  • Den dritten Teil der Gehaltsserie mit Susan J. Moldenhauer findet ihr hier.
  • Den vierten Teil der Gehaltsserie mit Susan J. Moldenhauer findet ihr hier.

Der Beitrag erschien zuerst im Courage-Magazin am 15.11.2019